Das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) hat gemeinsam mit den Unternehmen Solaveni GmbH und Solar Materials GmbH ein innovatives Projekt zur Entwicklung eines industrietauglichen Recyclingverfahrens für Perowskit-Solarmodule gestartet. Das "PeroCycle"-Projekt zielt darauf ab, die Kreislaufwirtschaft in der Photovoltaik-Industrie zu fördern und nachhaltige Lösungen für die Entsorgung und Wiederverwertung von Perowskit-Modulen zu entwickeln.
Perowskit-Solarzellen: Eine vielversprechende Technologie
Perowskit-Solarzellen gelten als vielversprechende Alternative zu den herkömmlichen Silizium-Solarzellen. Sie bieten zahlreiche Vorteile, darunter höhere Wirkungsgrade, geringere Produktionskosten und die Möglichkeit, sie als Tandemmodule mit Silizium zu kombinieren. Diese Eigenschaften machen Perowskit-Solarzellen zu einer attraktiven Option für die zukünftige Photovoltaik-Industrie.
Herausforderungen beim Recycling von Perowskit-Modulen
Obwohl Perowskit-Solarzellen bedeutende Vorteile bieten, stellen sie auch Herausforderungen dar, insbesondere in Bezug auf ihre Recyclingfähigkeit. Die Module enthalten oft umwelt- und gesundheitsschädliche Materialien wie Blei. Daher ist es notwendig, bereits im Anfangsstadium der Technologie geeignete Recyclingverfahren zu entwickeln, um die Wiederverwertung der Module nach Ablauf ihrer Lebensdauer zu gewährleisten.
Das PeroCycle-Projekt: Vier Schritte zum erfolgreichen Recycling
Schritt 1: Herstellung und Verkapselung von Minimodulen
Im ersten Schritt des Projekts werden am ZSW Perowskit-Minimodule hergestellt und verkapselt. Diese Minimodule dienen als Testobjekte für die weiteren Recyclingprozesse.
Schritt 2: Thermomechanische Trennung
Im zweiten Schritt erfolgt die Auftrennung der verkapselten Perowskit-Module beim Industriepartner Solar Materials mittels thermomechanischer Verfahren. Dabei wird getestet, ob der Glas-Polymer-Verbund und damit das Glas als Ganzes effektiv vom Perowskit-Absorbermaterial getrennt werden kann. Im Gegensatz zum gängigen Schreddern findet bei diesem Verfahren keine Vermischung mit anderen Materialien statt. Das Glas lässt sich daher erneut zu Behälterglas verarbeiten. Das Perowskit-Absorbermaterial wird sortenrein eingesammelt.
Schritt 3: Entwicklung eines umweltfreundlichen Recyclingverfahrens
Nach der Trennung der Materialien erfolgt Schritt drei: die Entwicklung und Optimierung eines Perowskit-Recyclingverfahrens bei Solaveni. Für den Recyclingprozess werden selbstentwickelte, nicht brennbare, kostengünstige und umweltfreundliche Lösungsmittelsysteme eingesetzt, die toxische Lösungsmittel entbehrlich machen. Auf den Einsatz von extremen Bedingungen, wie beispielsweise hohe Temperaturen, wird verzichtet. Der neue Ansatz reduziert Energieverbrauch und Abfall und ermöglicht es so, Kosten und Umweltauswirkungen zu minimieren. Das zukünftige Recyclingverfahren umfasst chemische und physikalische Bearbeitungsverfahren. Sie haben das Ziel, mindestens 90 Prozent des Materials Perowskit mit einer Reinheit von 99 Prozent zurückzugewinnen.
Schritt 4: Herstellung neuer Perowskit-Module
Im vierten und letzten Schritt wird aus den gewonnenen Materialien am ZSW ein neues Perowskit-Modul hergestellt. Dazu werden das recycelte Perowskit-Absorbermaterial sowie die recycelten mit durchsichtigen Kontakten beschichteten Gläser verwendet. Die Forschenden im Materiallabor streben an, aus den recycelten Materialien mindestens 90 Prozent des Wirkungsgrades der frisch hergestellten Referenzproben zu erreichen.
Bedeutung für die Kreislaufwirtschaft
Für die Realisierung der ambitionierten Ausbauziele Deutschlands im Bereich der erneuerbaren Energien ist es notwendig, nach dem Prinzip der Kreislaufwirtschaft zu handeln. Das bedeutet, endliche Ressourcen sinnvoll einzusetzen und diese lange zu nutzen. Nach Ablauf der Lebensdauer eines PV-Moduls ist eine hohe Recyclingfähigkeit und Wiederverwendung wichtiger denn je. Dafür setzen sich das ZSW, die Solaveni GmbH aus Bönen und die Solar Materials GmbH aus Magdeburg im neuen Projekt „PeroCycle“ ein.
Förderung und Unterstützung
Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) fördert das Verbundprojekt. Am ZSW können die Forschenden auf über 30 Jahre Erfahrung mit Dünnschichtsolarmodulen und über zehn Jahre Materialforschung zu Perowskit-Solarzellen und -modulen zurückgreifen.
Erfahrungen aus dem Vorgängerprojekt RePotPV
Im Vorgängerprojekt „RePotPV“ hat das ZSW gemeinsam mit dem Fraunhofer IBP und in Abstimmung mit den Mitgliedern der PVPS Task 12 bei der Internationalen Energie Agentur (IEA) im März dieses Jahres einen Bericht zum aktuellen Stand des Recyclings von PV-Modulen in Deutschland veröffentlicht. Aufgrund der hohen Ausbaugeschwindigkeit von Photovoltaikanlagen wird es zunehmend wichtiger, das End-of-Life-Management effizient und industrietauglich zu gestalten. Da Deutschland eines der ersten Länder war, das in großem Maßstab Photovoltaikanlagen installiert hat, ereilt uns auch die Herausforderung früher, Recyclingmöglichkeiten für Photovoltaikmodule zu entwickeln und anzuwenden. Um auch bei neuen PV-Technologien international wettbewerbsfähig zu bleiben, soll mithilfe neuer Verfahren das Recycling von PV-Modulen bereits von Anfang an mitgedacht und industrietauglich gemacht werden.
Zukunftsperspektiven
Die Entwicklung dieses innovativen Recyclingverfahrens könnte bedeutende Auswirkungen auf die Solartechnologie haben. Es bietet nicht nur eine nachhaltigere Lösung für den Umgang mit ausgedienten Solarzellen, sondern könnte auch die Akzeptanz und Verbreitung von Perowskit-Photovoltaik-Technologien fördern. Durch die Reduktion der Umweltauswirkungen und Herstellungskosten könnte diese Technologie eine größere Marktakzeptanz finden und damit einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten.
Fazit
Das Projekt "PeroCycle" stellt einen wichtigen Schritt in Richtung nachhaltiger Photovoltaik dar. Mit der Entwicklung eines industrietauglichen Recyclingverfahrens für Perowskit-Module setzen das ZSW und seine Partner ein Zeichen für die Kreislaufwirtschaft und den Umweltschutz. Die gewonnenen Erkenntnisse und Technologien könnten die Photovoltaik-Industrie revolutionieren und zu einer nachhaltigen Energieversorgung beitragen.
Veranstaltungsankündigung
Die neuesten Entwicklungen aus dem PV-Recycling stellt das ZSW beim PV-Recycling-Workshop am 14. und 15. Oktober 2024 in Stuttgart vor. Neben wissenschaftlichen Vorträgen und einer Führung durch das ZSW-Labor können die Teilnehmenden mit Akteuren aus der Industrie und Forschung ins Gespräch kommen. Informationen und Anmeldemöglichkeiten gibt es online unter: PV-Recycling-Workshop am ZSW.